Mittwoch, 6. November 2013

Thomas Hobbes Leviathan

 Über Thomas Hobbes’ „Leviathan “


Die Anatomie eines Staats-Wesens


Thomas Hobbes’ Opus Magnum „Leviathan“ gehört ohne Zweifel zu den herausragenden Werken in der

Geschichte der politischen Theorie. Das Werk erschien bereits im Jahre 1651 und markiert den Beginn des neuzeitlichen Verständnisses von Staat und Souveränität.

Weshalb nannte Hobbes sein Werk nach dem biblischen Seeungeheuer Leviathan?

Bekannter noch als der Inhalt des Buches ist wahrscheinlich sein Umschlag, welcher bereits die Erstausgabe von 1651 zierte. Ein riesengroßer Leviathan im Kupferstich gefertigt. Wer diesen ausführte ist bis heute übrigends nicht geklärt worden.

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Wenn man davon ausgeht, dass Hobbes sowohl den Namen als auch die Gestalt dieses Wesens mit Bedacht gewählt hat, dann sollte eine Untersuchung des Leviathans zum Verständnis dessen beitragen, wofür er steht – also zum Verständnis des Staates, so wie ihn Hobbes konzipiert hat.

Der Leviathan lässt sich im wörtlichen Sinne als Staats-Wesen verstehen, als das Wesen, welches den Staat verkörpert. Ein anatomisches Studium des Staats-Wesens Leviathan sollte folglich Aufschluss über die Verfasstheit des Staatswesens im politischen Sinne geben. Die Wissenschaft befasst sich mit der Form, dem Aufbau und Struktur der Lebewesen. Und indem sie, das Wesen aufschlüsselt, gelangt sie von der blossen Form zur Funktion. Die Gestalt des Leviathans – beziehungsweise die Symbolik seiner äusseren Form repräsentieren bereits die zentralen Funktionen des Staates. In dieser Eigenschaft korrespondiert das Bild mit dem Text. Doch wie man sehen wird, ergänzt es diesen.


Bedeutung des Leviathan



Worauf verweist der Leviathan? Was zeigt er, das wir ohne ihn nicht sehen könnten? Einfach gesagt ist es die Allgegenwart des Staates. Der Leviathan repräsentiert den Staat, auch wann und wo dieser scheinbar nicht gegenwärtig ist. Es wurde eingangs dargelegt, wie bei Hobbes die Entstehung des Staates an den ganz bestimmten Moment des Vertragsschlusses gebunden ist. In diesem Moment rationaler Übereinkunft wird der Staat aus dem Nichts des Naturzustandes erschaffen. Um nun die Macht des Staates und die Gefolgschaft der Bürger sicherzustellen, muss dieser Moment rationaler Einsicht in die Notwendigkeit des Staates in die Zukunft hinein verlängert werden. Genau darauf hin arbeitet die Symbolik des Leviathans.

Das Frontispiz hält den entscheidenden Moment rationaler Übereinkunft fest und konserviert auf diese Weise die Pointe der ganzen Staatstheorie. Wenn man das Bild des Leviathans genauer betrachtet, sieht man, dass alle Menschen in seinem Körper vereinigt sind. Alle Bürger sehen zum Kopf des Leviathans hoch. Die Darstellung ist eine Momentaufnahme des Vertragsschlusses: Sie zeigt die Übereinkunft aller Bürger und die zeitgleiche Autorisierung einer einzigen Macht über ihnen. Indem das Bild die Idee des Staates stets von neuem vergegenwärtigt, verhilft die Symbolik des Leviathans dem Argument des Textes zu einer Art »künstlichen Ewigkeit« und damit Allgegenwart.

Samstag, 2. November 2013

Über die Person Thomas Hobbes

 Über die Person Thomas Hobbes


Thomas Hobbes (* 5. April 1588 in Westport, Wiltshire; † 4. Dezember 1679 in Hardwick Hall, Derbyshire) war ein englischer Mathematiker, Staatstheoretiker und Philosoph. Er wurde durch sein Hauptwerk Leviathan bekannt, in dem er eine Theorie des Absolutismus entwickelte. Er gilt als Begründer des aufgeklärten Absolutismus. Des Weiteren ist er neben John Locke und Jean-Jacques Rousseau einer der bedeutendsten Vertragstheoretiker.

Hobbes wurde 1588 als Sohn eines einfachen Landpfarrers in Malmesbury in der Grafschaft Wiltshire geboren. Seine Mutter stammte aus einer Bauernfamilie. Die beängstigende Situation vor dem Angriff der spanischen Armada auf England im selben Jahr soll Ursache seiner Frühgeburt gewesen sein. Thomas Hobbes schreibt in seiner Autobiographie: „(She) did bring forth Twins at once, both Me and Fear.“[2] Die Angst vor der Gewalt infolge politischer Auseinandersetzungen – im England des 17. Jahrhunderts vor allem als Bürgerkrieg zwischen König und Parlament, zwischen verschiedenen gesellschaftlich und religiös differenzierten Gruppen – ist ein bestimmendes Element im Leben wie in der politischen Philosophie Thomas Hobbes geblieben.

Da er bereits mit vier Jahren lesen, schreiben und rechnen konnte, wurde er als Wunderkind (child prodigy) bezeichnet. Mit acht Jahren wurde Hobbes in einer Privatschule in den klassischen Sprachen unterrichtet. Schon sechs Jahre später im Alter von vierzehn Jahren begann er sein Studium an der traditionell-scholastischen Universität Oxford, wo er 1603–1607 vor allem Logik und Physik studierte. Resultate der klassischen Ausbildung waren Hobbes’ genaue Kenntnisse des Griechischen und Lateinischen, aber auch seine vehemente Ablehnung der Universitätsphilosophie, der mittelalterlich-aristotelischen Logik und Staatstheorie.

Nach seinem Bachelor-Abschluss 1608 in Oxford wurde er Hauslehrer bei der adligen Familie Cavendish. Diesen Posten hatte er mit Unterbrechungen bis zu seinem Lebensende inne. Er unterrichtete hier u. a. den kleinen William Cavendish, der später Graf von Devonshire wurde. Seine Erziehertätigkeit in einer der führenden Adelsfamilien Englands, die ihn lebenslang unterstützen sollte, verschaffte ihm die Möglichkeit zu ausgedehnten Reisen und Kontakt zu führenden Politikern und Denkern seiner Zeit.

Für kurze Zeit war Hobbes Sekretär des Philosophen Francis Bacon, für den er einige seiner Schriften ins Lateinische übersetzte. Der Arbeit für Bacon, den Begründer des englischen Empirismus, wird einiger Einfluss auf die mechanisch-materialistische Konzeption seiner Philosophie zugeschrieben. Auf den Auslandsreisen, die er mit seinen Schülern der Cavendish-Familie unternahm (Grand Tour), lernte er in Pisa Galileo Galilei kennen. Ferner schloss er auf seinen Reisen Bekanntschaft mit René Descartes, Marin Mersenne und Pierre Gassendi.

Während seiner dritten Europareise als Erzieher entwickelte Hobbes den Plan, seine Philosophie aus drei systematisch aufeinander aufbauenden Teilen zu konstruieren: der Lehre von der körperlichen Substanz (de corpore), der Lehre vom Menschen im Naturzustand (de homine) und schließlich die Lehre vom Menschen in der Gesellschaft (de cive).

Die politische Entwicklung in England zerschlug jedoch Hobbes’ Pläne eines systematischen Aufbaus seiner Philosophie. In den Jahren 1603 bis 1629 verschärfen sich die Spannungen: Die absolutistischen Pläne Jakobs I. und Karls I. bringen sie in Gegensatz zum Landadel, der sich zu einer agrarischen Kapitalistenklasse entwickelt hatte, und zum Bürgertum der Handelsstädte, dessen Bedeutung im 17. Jahrhundert in England stetig wuchs. Auseinandersetzungen zwischen anglikanischer Staatskirche, Calvinisten (= Puritanern), die eine stärkere Abgrenzung vom Katholizismus, asketische Lebensführung und ein System freier, an der Bibel orientierter Gemeinden forderten, und Katholiken kamen hinzu. Diese religiösen Konflikte entsprachen zum Teil regionalen Gegensätzen.

Von 1629 bis 1640 herrschte Karl I. mit einer parlamentslosen Regierung, die alle politischen und religiösen Gegner, vor allem die Puritaner, verfolgte: Der Versuch, dem calvinistischen Schottland die anglikanische Staatskirche aufzuzwingen, führte zur ersten militärischen Niederlage. Karl I. sah sich 1640 gezwungen, zwecks Mittelbeschaffung für den Krieg das Parlament einzuberufen, das nun seinerseits begann, mit den wichtigsten Unterstützern des Königs abzurechnen.

Hobbes hatte sich im Streit zwischen Krone und Parlament anonym für die Rechte des Königs Karl I. und gegen das Unterhaus eingesetzt[3] und musste deshalb 1640 nach Frankreich ins Exil fliehen.

1642 brach der Bürgerkrieg zwischen Parlament und Krone aus, ausgelöst durch einen irischen Katholikenaufstand. Mit seinem Werk de cive versuchte Hobbes erneut, Einfluss auf die Entwicklung in England zu Gunsten einer absolutistischen Monarchie auszuüben. Wie auch später im Leviathan (1651) argumentierte er für die Übertragung aller Gewalt auf einen souveränen Herrscher, da im „Naturzustand“ ein egoistischer Krieg „aller gegen alle“ um Besitz und Ansehen herrsche, der nur durch die Angst vor der Strafe durch eine übermächtige Gewalt verhindert werden könne. In einem Vertrag sollen demzufolge die einzelnen ihre natürlichen Rechte auf eine zentrale Gewalt übertragen, die am vollkommensten in einer Person, dem absoluten Herrscher, repräsentiert werde.

Seine Argumentation verschaffte Hobbes jedoch wenig Freunde. Karl II., den er 1646 in Paris in Mathematik unterrichtet hatte, verübelte ihm, dass er für jede de facto souveräne Regierung eintrat – zu einer Zeit, in der in London der Puritaner Cromwell nach der Niederlage und Hinrichtung Karls I. diktatorisch regierte. Hobbes Materialismus und seine Kritik an der katholischen Kirche („Reich der Finsternis“) ließ ihn eine Verfolgung in Frankreich befürchten, sodass er 1651 nach England zurückkehrte, wo er sich mit dem Cromwell-Regime arrangierte.

Nach Veröffentlichung seines Hauptwerks, des Leviathan, wurde er dort wegen dessen angeblichen atheistischen und häretischen Charakters vielfach von Seiten der Kirche, des Adels wie auch von Privatpersonen angefeindet. Wenn auch zahlreiche Freunde mit ihm brachen, so blieb er von Seiten der Staatsmacht zunächst weitgehend unbehelligt. Dies mochte insbesondere damit zusammenhängen, dass er – gegen Anglikaner wie Presbyterianer – für die von den Brüdern Cromwell favorisierte Kirchenverfassung eintrat, den Independentismus.

In den Jahren 1655 und 1658 erscheinen mit de corpore und de homine die beiden fehlenden Teile seines Systems. Nach der Restauration der Stuarts sah er sich vor allem nach der großen Pest- und Brandkatastrophe in London Verfolgungen durch den Klerus ausgesetzt, vor denen ihn aber die Sympathie Karls II. schützte. Verschärfen sollte sich die Situation für ihn indes nach der Restauration der Monarchie 1660: Dabei ging der Verfolgungseifer weniger vom neuen König aus, der ohnehin heimlich zum Katholizismus konvertiert war, sondern vielmehr von traditionell anglikanischen und presbyterianischen Kreisen, insbesondere von den neuen Ministern Edward Hyde, 1. Earl of Clarendon und Gilbert Sheldon. Um ihn wegen der ihm vorgeworfenen Häresie juristisch zur Rechenschaft ziehen zu können, wurde sogar mehrfach versucht, eigens dafür eine strafrechtliche Gesetzesgrundlage zu schaffen. Dank einflussreicher Freunde wie etwa dem Earl von Arlington, der ein Ministeramt in der sog. Cabal-Regierung bekleidete, gelang es Hobbes indes, die gegen ihn gerichteten Intrigen unversehrt zu überstehen.

Seine 1668 verfasste Geschichte der Bürgerkriegsepoche Behemoth oder Das Lange Parlament erhielt keine Druckerlaubnis, seine lateinischen Schriften musste er in Amsterdam verlegen lassen. Dennoch lebte Hobbes bis zu seinem Tod in gesicherten und komfortablen Verhältnissen auf einem Landsitz seiner Gönnerfamilie. In seinem Todesjahr 1679 setzte ein starkes Parlament seine Vorstellungen in der Habeas-Corpus-Akte gegen Karl II. durch. Hobbes starb in Hardwick Hall/Derbyshire.

Als Philosoph wird Hobbes eher der Aufklärung zugerechnet, als Staatstheoretiker aber dem Absolutismus.